Ein Paar, das ungleicher kaum sein könnte: Judi Dench in der Rolle der Queen Victoria
Der stattliche, gut aussehende Abdul Karim war gerade vierundzwanzig Jahre alt, als er seine große Reise von Indien nach England antrat. Als Gesandter der indischen Kolonien kam er an den Königlichen Hof in London, um Ihrer Majestät Queen Victoria (Judi Dench), der Kaiserin von Indien, anlässlich ihres 50. Thronjubiläums (1887) im Haushalt zu dienen. Eine Begegnung mit dem jungen Muslim aus Agra, der Stadt des Taj Mahal, entflammte Victorias Neugier. Die auf die siebzig zugehende Monarchin erhob Abdul in den Stand des königlichen Lehrers und Sekretärs, es entwickelte sich eine intensive Freundschaft. Im Königshaus sorgte das für Spannungen, doch gegen alle Widerstände und Intrigen bestand die Queen darauf, sich auch auf Reisen stets von ihrem indischen Vertrauten begleiten zu lassen. Abdul sollte bis zu Victorias Tod nicht mehr von ihrer Seite weichen. Ein Skandal und zugleich eine zarte Liebesgeschichte.
Shrabani Basu, geboren in Kalkutta, studierte in Dehli Geschichte und arbeitete ab 1983 für The Times in Bombay. 1987 wechselte sie nach London als Auslandskorrespondentin u.a. für The Telegraph, Kalkutta. Die Journalistin und Historikerin ist Autorin mehrerer Bücher über die britisch-indische Geschichte. Shrabani Basu lebt mit ihren Töchtern in London.
Da es sich hier um die Ausgabe zum gleichnamigen Film handelt, zeigt das Cover des Taschenbuches eine Szene aus Victoria & Abdul. Beide gehen spazieren, im Hintergrund ein wunderschöner Garten und das Sonnenlicht. Beide schauen sich vertraut an, lächeln und sehen freundschaftlich entspannt aus. Ein wunderschön unaufgeregtes Bild, welches den Charakter des Buches gelungen darstellt.
Im Fokus des Buches steht die amtsmüde und von der Monotonie gelangweilte Königin Victoria. Anlässlich ihres 50. Thronjubiläums reist Abdul Karim aus Indien an, um der Königin am Hofe zu dienen.
Victoria, die ebenfalls Kaiserin von Indien ist sieht etwas in Karim, das sie fasziniert und so entwickelt sich entgegen aller Regeln, entgegen aller Einschränkungen, die der englische Hof mit sich bringt und entgegen all dem Missfallen eine tiefe Vertrautheit.
Ich habe die Wechselwirkung der beiden Charaktere enorm genossen. Victoria, die eher griesgrämig und unnahbar erscheint blüht in Karims Gegenwart richtig auf und findet auf überraschend natürliche Art und Weise wieder mehr zu sich selber. Sie findet Besonderheiten in ihrem Alltag und fängt an von einer Amtsinhaberin zu einer wahren Herrscherin zu werden, die es schafft über den Tellerrand des Protokolls hinauszuschauen.
Abdul Karim findet trotz des fremden Klimas und der strengen Regeln schnell Gefallen an der englischen Welt und vor allem an „seiner“ Königin, die ihn schnell aufsteigen lässt. Seine Meinung ist ihr sehr wichtig und er begleitet die Monarchin stets auf Reisen und ist ihr mit Rat und Tat zur Seite. Er entwickelt sich ebenso wie Victoria im Laufe der Geschichte weiter und bricht aus dem ihm vorbestimmten Weg aus.
Das Buch lebt von seinen Charakteren und von dem, wie sich die beiden Protagonisten ergänzen.
Ich habe hier keine künstlich herbeigeführten Spannungsmomente und Action vermisst, da die Zwischenmenschlichkeit und die indirekte Kritik an königlichen Vorgehensweisen für mich schon raumfüllend genug waren.
Auch Sprachlich bewegt sich Basu auf sicheren Pfaden. Ruhig und ohne große Ausreißer wird die Geschichte erzählt. Dabei ist der Schreibstil sehr angenehm und flüssig zu lesen und passt hervorragend zum ebenfalls unaufgeregtem Buch.
„Victoria und Abdul“ ist eine Geschichte, die durch ihre Charaktere und deren gegenseitige Wirkung aufeinander lebt. Hier passiert zwischenmenschlich so viel, das auch ohne herbeigeführte Spannung ein starkes, emotionales Leseerlebnis entstanden ist.